Nalla verzog leicht das Gesicht und nickte. "Bauchschmerzen sind nicht schön. Die tun weh und hindern einen am Spielen. Und den ganzen Tag dann im Bett liegen ist auch doof." Seitdem sie Bauchschmerzen hatte wollte sie nie wieder welche haben. Die besorgten Gesichter ihrer Familie, vor allem die ihrer Eltern, waren nicht toll gewesen. Und sie wollte niemandem Sorgen bereiten.
"Onkel Rhage ist merkwürdig. Der macht sich selbst Bauchschmerzen wenn er komisches Zeug isst" meinte sie, nahm sich ein Stück der Orange und biss rein.
Kichernd sah sie ihn an. "Ich glaube, das macht Fritz dann schon. Du sagtest ja, er ist bei ihnen und holt sie ab." Sie hätte aber auch nichts dagegen, wenn ihr Daddy dabei hilft, das sich die Rekruten beeilten. Nalla war jung, hibbelig in manchen Situationen und je näher alles rückt, desto eher wollte sie beginnen. Immerhin war es wichtige Zeit zum lernen die flöten ging.
"Aber Hilfe annehmen ist doch gar nicht schlimm, Daddy. Das zeigt doch nur, das man sich auf einen verlässt der einem wichtig ist. Das ist wie bei König der Löwen. Hätte Simba nie Hilfe von Freunden gekriegt hätte er niemals den Weg zurück gefunden und den bösen Scar besiegen können"

Auch Triple war überrascht, als sie dort den gefürchteten Zsadist stehen sah - aber natürlich wegen seiner Begleitung. Ihn kannte sie ja schon!
"Guten Abend, Bruder", nickte auch sie ihm zu. Und dem jungen Mädchen dann auch: "Lady Nalla," sie lächelte, wohl wissend, dass sie das Kind nicht unterschätzen durfte oder wollte, "so hat Fritz dich genannt."

Die Kleine war ja Zucker, zumindest dem Äußeren nach. Und für Triple war es wortwörtlich das erste Vampirkind, was sie zu Gesicht bekam. Ein Teil ihres Gehirns begann schon wieder von allein und unabhängig zu arbeiten: War Nalla Zsadists Tochter? Was würden die anderen Denken? War das ein Wink mit dem Zaunpfahl, dass sich die Rekruten auf dem Niveau von Kindern befanden? Sollte es provozieren oder beleidigen? ... Vieles mehr schwirrte durch ihren Kopf, doch Triple selbst entschied sich für ihre Neugier!
Also schön, heute würde ein Kind das Training leiten und offenbar hatte es sich schon spannende Dinge ausgedacht, wie die 'Requisiten' im Raum es erahnen ließen. Fritz hätte sie nicht vor Zsadist warnen müssen. Wenn Bruder Zsadist anwesend war, gehörte ihm sowieso immer ein besonderes Maß von Triples Aufmerksamkeit. Und Zsadist wirkte todernst und hatte heute welche Aufgabe? Die junge Dame zu beschützen? Nun, natürlich wollte Triple das Kind im Training nicht verletzen. Und natürlich würde Zsadist darüber wachen, dass dies auch nicht geschah. Und vermutlich war genau das die Herausforderung für heute: ernsthaftes Training unter voller körperlicher Präsenz und mit ganzer Anstrengung und gleichzeitig dabei so sanft und empfindsam wie mit einem rohen Ei mit der Trainerin umgehen. Interessant!
Natürlich war nicht ausgeschlossen, dass Zsadist die Rekruten wirklich erniedrigte oder verarschte. Vielleicht auch beides. Aber Triple beschloss, es als Annahme aus ihrem Gehirn zu streichen. Und wie auch immer: die mögliche Herausforderung war in der Tat genau dieses: eine verdammte Herausforderung!

"Dann werde ich es ihnen beibringen, Daddy! Solange bis sie es können" nahm sie sich ganz dolle vor. Und wenn das heute klappte, vielleicht durfte sie es ja dann immer mal wieder machen. Oder sie würde Fritz beten, einfach irgendwen der Rekruten zu holen damit sie dann weiter Vertrauen lernten! Jawoll! Wobei... nein dann würde sie erst Onkel Wrath fragen müssen ob sie es dürfte und dann könnte sie den Rekruten weiter Vertrauen beibringen und das sie um Hilfe bitten sollten wenn sie benötigt wird! Kinder dachten eben einfacher als Erwachsene.
Als ihr Daddy dann sagte, das die Rekruten unterwegs waren kicherte sie. Aufgestanden nahm sie den Teller und stellte ihn hinten hin, wo er nicht stören oder kaputt gehen würde.
"Erstmal nur zwei? Hm.. Schade.. aber ok, dann wird es ein ganz kleiner Kreis werden heute" nahm sie es gefasst auf. Und für sie wäre es ein kleiner Anfang um zu merken, wie sie selbst an die ganze Sache ran musste.
Ihre Arme um den Hals ihres Daddys gelegt lachte sie bei seinem Kuss, wobei sie ihm selbst einen auf die Wange drückte.
"Ich versuche mein bestes, Daddy. Groooßes Nalla-Ehrenwort" lächelte Nalla und stand dann neben ihn, als sie Schritte draußen hörte. Mit jeder Sekunde die verstrich wurde sie wirklich aufgeregter. Ihr Daddy sagte zwar, das sie nett waren, doch wer waren sie wirklich? Würden sie selbst auf dieses Training eingehen, wenn es ein kleines Mädchen leiten sollte? Ohje... da waren sie wieder, die Sorgen die ihr Onkel Phury und ihr Daddy ihr schon genommen hatten. Doch da erinnerte sie sich an den Mutkuss von ihrem Daddy, atmete leicht durch und sah gespannt zur Türe hin als diese aufging.

Die Frau die reinkam, sah hübsch aus hatte riiiichtig viele Haare und die sahen so schön flauschig aus!
°Nein, nicht an Wolken denken! Aber sie sehen sooo toll aus° dachte sich Nalla still und heimlich. Aber im ersten Augenschein sah die Frau wirklich nett aus. Hinter der Frau kam noch ein Mann rein. Nein.. noch nicht ganz wie es aussah. Das musste wohl dieser Käfigkämpfer sein den ihr Daddy vorhin gemeint hatte. Er sah Müde aus, so Nallas Eindruck. Aber es konnte auch täuschen wie sie von ihren Onkels wusste. Sie konnte die Bilder an seinem Hals gut sehen und fragte sich ob es da noch mehr gäbe. Zu Fragen wäre aber Unhöflich. Und für solche Fragen wäre später vielleicht noch Zeit, so ihr Gedanke.
Was in den Köpfen beider vorging, konnte Nalla nicht sagen, und schon gar nicht erahnen. So war es wohl das Glück der Frau vor ihr, das sie diese Gedankengänge nicht mitbekam. Nalla wäre sonst recht schnell beleidigt und eingeschnappt, wenn sie wüsste, was die Frau dachte. Wäre es ein Kampftraining, so wusste Nalla, das ihr Daddy sie nicht mit runter genommen hätte. Denn noch war sie, seiner Aussage her, zu jung für all das. Aber das ihr Daddy die Rekruten verarschen würde? Nein, das hätte Nalla niemals geglaubt.

Was aber nicht hieß, dass dieses kleine Mädchen es den beiden einfach machen würde. Jetzt stand sie hier, neben ihrem Daddy und vor den zwei Rekruten, mit denen sie heute trainieren durfte. Triple's Idee wäre gut gewesen, aber darauf war Nalla nicht gekommen. Zumal auch etwas anderes heute im Fokus stehen sollte.
Da die beiden jetzt da waren und laut ihrem Daddy auch vorerst kein weiterer dazu käme, schluckte sie leicht.
"Hallo" begrüßte sie beide, noch etwas schüchtern aber Nalla würde es durchziehen. Sie hatte sich jetzt so viel Mühe beim ausdenken der Aufgaben gemacht, da würde sie jetzt bestimmt nicht kneifen wollen. Und außerdem war ihr Daddy die ganze Zeit dabei, also brauchte sie auch keine Angst haben.
Im Kopf legte sie sich die Worte zurecht, hörte aber dann doch auf ihr Bauchgefühl.
"Ähm... Es gibt wohl etwas, was ganz dringend zu lernen ist. Etwas, was wirklich Wichtig ist und notwendig. Etwas, was euch genauso schützen kann, wie Kraft alleine" fing sie an. Ohje, Nalla wünschte sich grade doch innerlich, das mal vor einem Spiegel geübt zu haben. Doch dazu wäre jetzt keine Zeit mehr. Also musste sie in das kalte Wasser springen.
"Ich hab gehört, das ihr kein Vertrauen zueinander habt und das ist das wichtigste für ein Team, egal ob zu Zweit oder in einer Gruppe. Also wird das heute geübt."
Somit stand wohl auch für die beiden vor ihr fest, wer heute das sagen hatte. So hoffte Nalla zumindest.
Sie sah beide kurz abwechselnd an. Ok, die Frau sah gesund aus. Und bei dem Mann wusste sie, das er verletzt war. Kurz dachte sie nach. Achja, aufwärmen musste sein.
"Wärmt euch auf und dann fangen wir an" war somit ihre erste Anweisung.

"In Ordnung, Nalla!", sagte Triple und begann mit einem Laufen, wie sie im Haus der Rekruten eben aufgehört hatte. Aber das Laufband war langweilig gegenüber all den Dingen, die hier auf dem Boden lagen. Also lief sie nur eine Runde, und begann dann quer durch den Raum zu laufen. Sie machte es sich zum Ziel, jede freie Fläche mit den Füßen zu berühren, aber nichts von dem, was auf dem Boden lag. Warming up mit Geschicklichkeit gepaart. Das war nicht dazu gedacht zu beeindrucken und Triple musste sich tatsächlich anstrengen, aber es war Bewegung, Geschwindigkeit, Reaktionsfähigkeit gepaart. Vor allem aber: Auch wenn das nur eine Aufwärmen war, machte es tatsächlich richtig Spaß!

Nachdem sich Maddox gedehnt hatte, fragte sie ihn, ob er sich anschließen wollte und sah zu Nalla rüber, ob sie damit einverstanden war oder andere Anweisungen hatte.

Nach Nallas Eröffnung war ihr klar geworden, dass ihr Misstrauen gegenüber Zsadist noch immer nicht gänzlich ausgeräumt gewesen war und umso deutlicher hatte die junge Lady ins Schwarze getroffen. Und Triple war nun einmal neugierig und nicht mehr so sehr Kopfmensch, wie noch vor einigen Wochen, als sie hier angekommen war und aus einer sozialen Gesellschaft herausgestolpert war, wo Leistung mit dem Kopf wohl ihre einzige Chance gewesen wäre. Was Gott-sei-dank nicht im Widerspruch zu ihren Talenten gelegen hatte.
Seiddem war ihr mehrfach vor Augen geführt worden, dass sie noch kaum eine Vorstellung von ihren körperlichen Fähigkeiten hatte - und auch in dieser Beziehung immer noch durch zu menschliche Gehirnwindungen stolperte. Aber in den paar Wochen hatte sich auch einiges getan. Und gerade in den letzten Tagen hatte sie wertvolle Erfahrungen gemacht und dies genossen. ...

Also: Nalla wollte Vertrauen lehren. Praktisch, nicht aus Büchern. Dann mal los!

Die Worte ihres Daddys gaben ihr nochmal extra Mut und nahm ihr die Anspannung und Nervosität. Da hatte Maddox wohl ein Auge für, sowas zu erkennen. Oder war das so offensichtlich gewesen? Das hieß wohl, Nalla musste noch lernen, sowas zu verbergen. Aber das wäre ihr eigenes Training und hatte nichts hier zu suchen - zumindest heute nicht. Aber er hatte recht: Keine Schimpfworte! Sonst musste er wieder etwas in die Schimpfwort-Kasse legen!
Sie blickte zu ihrem Daddy hoch und nickte. "Ist gut, ich sehe dich ja wo du bist" lächelte sie süß und blickte ihm nach, als er sich an den Rand setzte.

Jetzt lag es an ihr, die beiden anzuleiten. Zu zeigen, das sie nicht nur ein kleines Mädchen war sondern wessen Tochter! Für sie war es reines Glück, das sie mit all ihren Onkels und Tanten aufwachsen durfte. So lernte sie am Besten was wichtig war. Vor allem, wenn es um die Sicherheit geht.
Nalla beobachtete wie sich die beiden aufwärmten. Triple lief einige Runden, während Maddox sich dehnte. Sie beobachtete beide genau, auch als beide dann gemeinsam einige Runden liefen ohne das, was aufgebaut war, zu beschädigen. Pluspunkt bei den beiden, darauf zu achten. Aber das hieß nicht, dass Nalla es ihnen leicht machen würde.

Wie ihr Daddy schon sagte, hatte vor allem Triple einiges zu lernen, das menschliche abzulegen. Das könnte lustig werden, denn in ihrer Welt hatte man es mit viel mehr Gefahren zu tun. Und wenn Nalla das schon mit ihren jungen sechs Jahren wusste, sollte das auch eine erwachsene Frau wissen - so ihr Gedanke dabei! Ganz egal wo sie aufgewachsen war - Tante Beth und Tante Mary hatten es doch auch geschafft dies zu lernen. Vor allem ihre Tante Beth!

Nalla ließ Beide noch die Runde beenden, bevor sie sie mit einem "Stop!" anhalten ließ. "Jetzt solltet ihr Warm genug sein. Ich weis, das Vertrauen nicht schnell geht. Das wäre nicht richtig. Aber es ist sehr wichtig bei all dem. Wenn ihr euch nicht gegenseitig vertraut kann es ganz böse enden da draußen. Das würde jeder Ausnutzen um euch weh zu tun" fing sie an zu erklären. "Es ist eine Sicherheit für jeden von euch, wenn ihr vertraut. Um das zu lernen fangen wir mit was einfachem an." Nalla zeigte auf Triple. "Du nimmst dir eines der Tücher dort und verbindest ihm die Augen. Er darf nichts mehr sehen, wirklich gar nichts mehr, also auch nicht schummeln!"

Kurz wartete sie ab bis Triple Maddox die Augen verbunden hatte und sicher ging, das er nichts mehr sah. "Führ ihn durch das Labyrinth hier am Boden. Er darf die Seile nicht überschreiten und sie nicht verschieben! Überleg dir den Weg gut, er darf in keiner einzigen Sackgasse landen. Redet miteinander, du bist seine Augen."

"Ok, Maddox. Moment, ich schaue mich um." Und während Triple das sagte und den Raum erfasste, die Puzzleteile zusammenfügte von dem was sie schon wusste und der dem was wirklich war und alle visuellen Informationen verarbeitete, wurde sie innerlich ganz ruhig. Und eine angenehme innere Stille umfing sie. Es dauerte einen Moment, aber damit diese Stille nicht unangehm für Maddox wurde, legte sie eine Hand auf seine Schulter. Die war ruhig und warm. "Ich denke, ich habe es", sagte sie dann leise. "Unser Beginn ist nicht weit von hier. Ich werde meine beiden Hände auf deiner Schulter lassen, Maddox. Ich laufe hinter dir. Meine Füße werden deine Füße leiten, bis du sie absetzen kannst. Ich hoffe, es ist für dich ok, wenn ich ganz dich an dich heranrücke. Ich werde versuchen dich mit meinem Körper zu führen, unterstützend. Höre auf meine Stimme!" Sie lachte leise. "Es ist ein wenig wie tanzen, nur dass ich an Deiner Stelle führe. Mit dem Körper, mit den Hüften und mit meiner Stimme!"

Es folgte erneut eine Moment der Stille. Dann begann es: "Füße erstmal stehen lassen, wir fangen mit einer leichten Körperdrehung an. Deine rechter Fuß beginnt. Bewege ihn in die Richtung, die 90° zu deinen Schultern zeigt. Fertig?" Es war an Maddox, ihr das Ok zu geben, um ihn in Richtung des von ihr gewählten Eingangs zu bringen. Es konnte auch der Ausgang sein. Aber das war egal, ob sie nun vorwärts oder rückwärts durch das Labyrinth gingen schien unerheblich zu sein.
Maddox hörte eine leise, weiche Stimme neben sich. "Wir schaffen das!"

Nalla spürte den Blick ihres Daddys. Aber er war ihr nicht unangenehm, sie wusste das er aufpasste und solange still blieb bis ihm etwas gegen den streich ging - so nannte ihre Mahmen es ab und an. Und ihr Onkel Phury hatte ihr auch sein Wort gegeben, das ihr Daddy nur dann einschreitet, wenn es sein muss.

Jedenfalls freute sie sich innerlich, das beide ihren Anweisungen folgte und so war Maddox schnell mal blind durch das Tuch. Sie verkniff sich sogar ein kichern bei seinen Worten, das er wirklich gar nichts mehr sah. Das wäre jetzt grade unangebracht und würde die Ernsthaftigkeit des Trainings stören.
Somit sah sie erstmal still zu, wie sich beide arrangierten und legte den Kopf leicht schief.
Während Triple also Maddox zu dem Eingang des Labyrinths brachte - da war es wirklich egal, welchen Anfang sie nahmen - beobachtete sie das Schauspiel.

"Bis zum Anfang darfst du ihn so bringen. Aber dadurch nur mit Worten! Wenn ihr draußen seid könnt ihr euch auch nicht ständig anfassen um zu helfen!" Wäre das ihre Aufgabe gewesen, so hätte sie eine Kette gebildet. Doch Vertrauen musste man auch auf Worte und Beschreibungen hin. Wenn da draußen die Lesser angriffen konnte man sich auch nicht erst aneinander ketten um sich nicht zu verlieren. Und es wäre hinderlich, das wusste Nalla. Wie sollte man sonst kämpfen?
Außerdem konnten sie nach dem Training kuscheln soviel sie wollten!